JD Vance und die Demokratie
- Tanne
- 16. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Feb.
JD Vance, Vizepräsident der USA, war in München und hat die europäische Gemeinde aufgemischt. Dafür wird er von der rechten Seite gefeiert, während die linken zwischen leichter Schockstarre, Panik bzw. wüsten Beschimpfungen hin- und her wanken.
Was war passiert?
Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist eine der wichtigsten globalen Foren für internationale Sicherheitspolitik und findet einmal jährlich in München statt. Sinn ist es, hochrangige Vertreter aus den Bereichen Politik, Militär, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen zu bringen, um über aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen zu diskutieren. Klassischerweise wird sie auch als eine wichtige Plattform für den Dialog zwischen USA und Europa (Transatlantisches Bündnis) gesehen.
Schon im Vorfeld der Konferenz kam es zu einem kleinen Eklat, weil der Veranstalter, Vertreter der AfD und des BSW nicht zur Konferenz einlud. Der "Konferenzleiter Christoph Heusgen begründete die Entscheidung in einem Interview damit, dass beide Parteien nicht dem Grundprinzip "Peace through dialogue, Frieden durch Dialog" der Konferenz entsprächen." (siehe auch hier) In seiner Rede nahm Vance offensichtlich auch darauf Bezug - wenngleich man auch davon ausgehen darf, dass dies nicht sein einziger Beweggrund war.
Europa und die USA teilen nicht mehr die gleichen Werte
Laut Vance ist die Größte Bedrohung für Europa nicht Russland oder auch China, nein, die größte Bedrohung gehe vom "Inneren" der europäischen Staaten aus. Soll heißen: Die europäischen Staaten würden ihre demokratische Gesinnung vermissen lassen. Dies untermauerte er mit einigen Beispielen von Schweden bis Deutschland, die ich hier jetzt nicht noch einmal wiedergebe.
Erstaunlich hierbei: Wenn man nach USA schaut, wo gerade die namhafte internationale Nachrichtenagentur AP von den Pressekonferenzen des Weißen Hauses ausgeschlossen wurde, weil sie sich weigerte den "Gulf of Mexico" in - wie von Trump gefordert - den "Gulf of America" umzubenennen. Oder aber auch, das JD Vance sowie auch Musk sich darüber echauffieren, dass nun Bundesrichter der Dekretwut des Präsidenten mit eingängigen Klagen erst einmal Einhalt geboten haben. Ob sich der Präsident daran hält, bleibt allerdings noch abzuwarten.
Laut JD Vance, ist es ungeheuerlich, dass Richter somit einfach Anordnungen der Executive ausbremsen können.

Das ist natürlich kompletter Unfug und JD Vance, als Absolvent der angesehenen Yale Universität, weiß das auch. Hoffe ich zumindest. Hat ihn trotzdem nicht davon abgehalten, obigen Post auf X rauszuhauen. Schlimmer hat es nur noch Musk getroffen, der vollkommen überrascht ist von diesem "undemokratischem" Vorgehen.

Versteht sich die USA noch als Demokratie?
Zur Erinnerung: Eigentlich ist auch die USA eine liberale Demokratie. Das heißt, dass "Volk" bzw. dessen Wünsche und Meinungen werden durch gewählte politische Repräsentanten vertreten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist somit die Gewaltenteilung, sprich die Aufteilung der Staatsgewalt bei Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung (oder auch Legislative - Executive - Judikative) auf voneinander unabhängige Organe. Dies soll dazu beitragen, dass die Executive eben nicht einfach Sachverhalte beschließen kann, ohne sie vorher mit den gewählten Vertretern zu besprechen und darüber abstimmen zu lassen (ja, Demokratie ist langwierig, Überraschung). Nichts anderes passiert dort gerade und ich behaupte mal, genau das ist Demokratie. Aber auch hier sei angemerkt, nur solange sich die Regierung auch daran hält, was abzuwarten ist.
Jetzt kommen wir zurück auf JD Vance, der den Europäern unterstellt, dass wir uns nicht mehr auf demokratischem Boden bewegen. Kollege Musk hat zwar keinen Auftrag vom Volk erhalten, sichtet aber momentan die sensibelsten Daten der Regierung. Er entscheidet darüber, welche Behörde man noch braucht und welche nicht, bzw. wer noch einen Job hat oder nicht. Als Teil der neuen Regierung haut er auf seinem X Kanal quasi im Sekundentakt AfD Empfehlungen raus, betreibt also Wahlkampf. Wäre es nicht so traurig und zeitgleich gefährlich, könnte man es einfach ignorieren. Oder anders ausgedrückt: Es ist schon verrückt, dass gerade JD Vance den Europäern etwas über Demokratie erzählt. Aber nun gut. Man darf vermuten, dass es weder der amerikanischen Regierung noch Musk gefällt, dass Europa geäußert hat, dass sie X regulieren wollen, um Einmischungen in Landesangelegenheit zu unterbinden.
Nato ade?
Viel wichtiger war eigentlich seine Aussage, dass die USA sich eher auf Probleme mit China konzentrieren möchte und daher den Europäern nahelegt, sich doch selbst um die Problematik mit der Ukraine zu kümmern. Soweit so gut, allerdings ist dies insofern erstaunlich, als dass Trump sich schon daran gemacht hat, Putin direkt zu kontaktieren, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Natürlich ohne die Ukraine oder auch die europäischen Staaten mit einzubeziehen. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte ja bereits vor der MSC verlauten lassen, dass die USA zum einen einen NATO Beitritt der Ukraine nicht für praktikabel hält und zum anderen es absurd wäre anzunehmen, dass der Konflikt beigelegt werden könnte, wenn die Ukraine an dem Ziel, die Grenzen der Ukraine von 2014 anzustreben, festhält (Stichwort Krim). Weiterhin hielt er es auch für ausgeschlossen, dass die USA Truppen für diesen Konflikt bereit stellen würde und - noch einen Schritt weiter - die NATO generell Truppen zur Verteidigung der Ukraine beisteuern sollte. Summa summarum kann man sagen: Keine Truppen, keine finanzielle Beteiligung an der Verteidigung für die Ukraine.
Diese Aussage hätte man natürlich erwarten können, denn die neue US-Regierung hat kein Hehl daraus gemacht, dass dies ihre Marschrichtung sein würde. Man darf resümieren, dass die Europäer sich in den letzten Jahren zu sehr auf das transatlantische Bündnis verlassen haben, gerade auch in Bezug auf den finanziellen und militärischen Aspekt. Das rächt sich jetzt, da die USA den größten Anteil an der Militärmacht der NATO ausmachen. Ob die Europäer in der Lage sein werden, hier nachzulegen und vor allen Dingen, wann und in welcher Höhe darf man mit Spannung beobachten.
Wir fassen zusammen:
Die USA möchte verhindern, dass Europa Plattformen wie X einschränkt.
Sie werden nicht in die NATO investieren, schon gar nicht bezüglich der Ukraine.
Zeitgleich beginnt der US-Präsident "Verhandlungen" mit Russland ohne Einbeziehung seiner Bündnispartner.
Sie sehen die Zusammenarbeit mit Europa gefährdet, weil wir nicht die gleichen "demokratischen Werte" wie sie teilen.
Sie empfehlen unverhohlen eine Zusammenarbeit mit Parteien, die in großen Teilen als gesichert rechtsextrem gelten.
Über die Plattform X des Milliardärs Musk werden am laufenden Band Wahlempfehlungen für die AfD von selbigen ausgesprochen.
Europa muss dringend Zusammenhalt demonstrieren und eine Lösung finden, wie die NATO in Zukunft aussehen und agieren soll.
Warten wir's ab.
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